Liebe Delegierte,
'Ein gutes Leben für alle' – das ist meine Auffassung von Grüner Sozialpolitik. Von einer Sozialpolitik, die nicht nur die konkreten Probleme am Arbeitsmarkt und in der sozialen Absicherung anpackt – ein Feld, das eh schon riesig ist. Ich spreche von einer grünen Sozialpolitik, die fordert: Wohlstand ohne Wachstum. Ja, das ist ein Buchtitel, fast schon ein Slogan. Und gleichzeitig ist das die Brücke zwischen Sozial- und Umweltpolitik. Die brauchen wir. Auch der Erfinder des Slogans, Tim Jackson, weiß nicht, wie wir dahin kommen, dass der Wohlstand gerecht oder zumindest gerechter verteilt ist. Den Weg dahin zu finden und zu ebnen sehe ich als unsere Aufgabe.
Meine Idee war ja, gegen Peter Pilz auf Platz 4 anzutreten, nicht zuletzt als Zeichen dafür, dass die Frauenmehrheit (manche nennen's Parität) für die Grüne Identität zentral ist. Unsere Stimmen bei der letzten Nationalratswahl kamen zu 2/3 von Frauen. Wir müssen in diesem Punkt zuverlässig bleiben.
Ich habe mich aber aus thematischen Gründen entschieden, auf Platz 7 zu kandidieren, da passt mein zentrales Anliegen gut hin. Ich komme politisch aus der Grünen Bildungswerkstatt und beruflich aus der freien Kulturarbeit. In meinen 18 Studien- und Arbeitsjahren in Wien war ich Interessenvertreterin für die freie Szene, auch das ist im Kern eine sozialpolitische Arbeit.
Auch deswegen heißt mein Thema: Ein gutes Leben für alle im Rahmen einer umfassenden grünen Sozialpolitik.
Grüne Sozialpolitik heißt: Zeitreichtum anstelle von Statuskonsum. Das heißt mehr Kooperation, nicht nur Wettbewerb. Grüne Sozialpolitik heißt auch Ressourcen aufbauen, statt sie zu verbrauchen. Deshalb sagen wir ja 100% BIO (0% korrupt versteht sich bislang von selbst)…. Grüne Sozialpolitik heißt auch, Zeit frei machen für die Pflege der menschlichen Bindungen, für das eigentliche Soziale, für das was uns Glückserleben vermittelt. Das heißt, Zeit haben für die Sorgearbeit, für Freund/innen, für Familie, für Bildung, für Kultur, für Politik und auch für Erwerbsarbeit.
Zentrales Anliegen einer Grünen Sozialpolitik muss Gerechtigkeit sein. Wir dürfen weder den Begriff noch den Inhalt aufgeben, wir müssen an dieser ganz grundlegenden Forderung festhalten und uns weder dafür schämen, noch glauben, andere hätten dieses Feld besetzt.
Wie ihr wisst, komme ich aus einem ÖVP-dominierten Bundesland, aus einem Land, wo die ÖVP von Unternehmern wie Franz Rauch dominiert wird (also bitte keinen Rauch-Apfelsaft auf grünen Veranstaltungen!), von Betonröhrenherstellern und ähnlichen, welche die Energie-Autarkie für Vorarlberg verhindern wollten, die sogar im Nachhinein den einstimmigen Landtagsbeschluss kippen wollten, nur damit sich nichts ändert.
Es gibt viele Menschen, die sich mit einer solchen ÖVP nicht mehr wohl fühlen, die schlicht und einfach christlich-soziale Werte – und da ist Gerechtigkeit zentral – bei der ÖVP vermissen und bei uns finden können und sollen. Volker Plass holt die Einpersonenunternehmer/innen ab, die verstanden haben, dass die ÖVP nur die Interessen der sehr Reichen vertritt – viel Erfolg damit, Volker! Ich möchte alle jene abholen, die nicht mit der ÖVP nach rechts sondern wegen der ÖVP nach links gerückt sind.
Genauso gibt es Menschen, die sich bei den Genossen der Bosse nicht wohl fühlen, die gespürt haben, dass der dritte Weg von Schröder, Blair und Gusenbauer ein Weg ist, der dem Finanzkapital dient, nicht der Realwirtschaft und schon gar nicht der Gerechtigkeit. Wenn die Sozialdemokraten schon selber nicht verteidigen, was im langen 20. Jahrhundert an sozialen und zivilisatorischen Fortschritten erreicht wurde, dann machen wir das. Die Zivilisation ist ein dünner Lack, haltbar nur durch Wohlstand und soziale Bindung. Ein Wohlstand, den wir künftig kaum mit Wachstum werden sichern können sondern viel mehr mit grüner Sozialpolitik.
Danke für die Aufmerksamkeit und bitte um die Stimme!