Good Bye - Welcome back!

Liebe Britinnen, liebe Briten!

Oft haben sich Kontinentaleuropäer/innen über euch geärgert. Und doch vermissen wir euch jetzt schon.

Seit der ersten Erweiterung 1973 seid ihr Mitglied der (damals noch) EWG, Frankreich hatte mit seiner "Politik des leeren Stuhls" gebremst, sonst wärt ihr schon früher dabei gewesen. Weitere Integrationsschritte scheiterten in den frühen 1980er Jahren an Margartet Thatcher, die den "Britenrabatt" ausverhandelte. Zwei Drittel eurer Beiträge habt ihr euch so erspart. Mühsam waren auch eure Extrawürschte bei fast jeder vertraglichen Einigung. Gab es ein Dokument, das auf zwölf Seiten alle Spezifika für 27 Mitgliedsstaaten regelte, brauchtet ihr einen Zusatz von 65 Seiten, um eure Extras festzuhalten.

Zugegeben, hinter eurem breiten Rücken haben sich andere Integrationsunwillige versteckt, die nun aus der Deckung kommen, z.B. Polen, die Tschechische Republik oder Ungarn.

Dass euer Premierminister David Cameron sich aus innenpolitischen Gründen als politischer Hasardeur betätigte, lasten wir euch nicht an. Dass viele von euch sich nicht die Mühe machten, Vor- und Nachteile der EU-Mitgliedschaft sorgfältig zu überlegen und gut informiert an der Abstimmung teil zu nehmen, schon eher. Wegen eures Mehrheitswahlsystems müsstet ihr eigentlich wissen, dass es auf jede/n ankommt.

Jetzt beobachten wir, wie euer traditionsreiches Parlament zu einer Bühne für einige egoistische, kurzsichtige Akteure wird, die den Namen Volksvertreter nicht verdienen. Das tut weh. Das Parlament müsste sich die Aufgabe stellen, zunächst einmal alle Lügen, welche die Diskussion vor der Abstimmung vergifteten, aufzuarbeiten und eine rationale Basis zu schaffen für eine Erörterung, was euch der Brexit bringt und was ein Verbleib in der Europäischen Union. Rationalität ist ja insgesamt noch nicht abgeschafft. Eine solche Darstellung hat im Vorfeld gefehlt. Sie könnte aber auch nachträglich wohltuend und hilfreich wirken.

Baustelle Westminster - Churchill würde sich im Grab umdrehen

Ein Parlament muss Verantwortung für sein Volk übernehmen. Es könnte - so wie bei Geschworenengerichten - als 'Berufsrichter' befinden, dass eine Entscheidung wegen Rechtsirrtums nicht gültig ist. Und es könnte selbst einen Weg einschlagen, an dessen Ende eine neue Entscheidung auf rationaler Basis gefällt werden kann. Dafür ist das Parlament ja von euch gewählt.

Es gibt jedoch einen Diskurs, der von oben genannten Parlamentsabgeordneten befeuert wird, wonach ein Staat nur herrschen oder beherrscht werden könne. Das ist ein Irrtum. Es gibt auch Kooperationen unterschiedlicher Staaten auf Augenhöhe. Das Zeitalter Großbritanniens als Kolonialreich ist vorbei. Das haben die meisten von euch schon bemerkt. Deshalb braucht es jetzt andere Formen der internationalen Beziehungen. Eine Form ist jene der europäischen Integration.

Ihr habt tolle Musiker/innen hervorgebracht, es gibt interessante Universitäten in Großbritannien. Fast jede/r Kontinentaleuropäer/in war schon bei euch zu Besuch oder träumt davon. Deshalb wünschen sich viele von uns, dass ihr zu alter demokratischer Größe zurück findet. Und dass ihr Mitglied der EU bleibt - als ein Land von 28.

 

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