Amerikanisierung des Vorarlberger Wahlrechts?

Anfang kommenden Jahres wird sich der Landtag mit verschiedenen Ideen zur Weiterentwicklung der Demokratie befassen. Neben begrüßenswerten Vorhaben (z.B. soll künftig auch eine Minderheit im Landtag einen Untersuchungsausschuss einsetzen können), zieht die Ausgestaltung des Persönlichkeitswahlrechts Kritik auf sich. Jede/r kann sich bis 13. Dezember 2013 dazu äußern:

Im vorliegenden Entwurf zur Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts kann ein Anteil von nur 0,77% der WählerInnen einer Partei über eine Vorrückung entscheiden. Angenommen 100 WählerInnen geben ihre Stimme der Partei X. Und angenommen der viertgereihte Kandidat Y erhält von 7 WählerInnen je zwei Vorzugsstimmen, der drittgereihten Kandidatin Z geben 6 WählerInnen je zwei Vorzugsstimmen. Das würde dazu führen, dass der Kandidat Y die Kandidatin Z überholt.

In den zur Begutachtung vorliegenden gesetzlichen Unterlagen ist zu sehen, dass die doppelte Verstärkung der Vorzugsstimmen (Verdoppelung der Punkte für Vorzugsstimme bei gleichzeitiger Halbierung der Listenpunkte) im Gemeindewahlgesetz nicht vorgesehen ist. Hier verstärkt man das Persönlichkeitswahlrecht mit einer Verdoppelung nicht aber mit einer Vervierfachung.

Es erscheint sinnvoller, die Regelungen im Landtagswahlgesetz und im Gemeindewahlgesetz identisch zu gestalten und darauf zu achten, dass ein Wahlrecht so gestaltet ist, dass eine breite gesellschaftliche Vertretung von Jüngeren und Älteren, Frauen und Männern, Mehrheits- und Minderheitengruppen in Parlamenten ermöglicht wird.

Es ist schwer nachvollziehbar, warum Vorzugsstimmen auf Landesebene mehr Gewicht erhalten sollen, als Vorzugsstimmen auf Gemeindeebene. Gerade die Gemeindeebene ist den Wählern und Wählerinnen noch viel näher. Die Unterscheidung ist schwer begründbar. Auch in den beiden derzeit gültigen Wahlgesetzes sind die beiden Wahlrechte in der Gewichtung der Vorzugsstimmen identisch ausgestaltet.

Ich trete dafür ein, die Bestimmungen im Entwurf wie folgt abzuändern:
Landtagswahlgesetz:
§ 55c Abs. 2 lit. a): Die Bestimmungen sollen in der ursprünglichen Form belassen werden, wie dies im Gemeindewahlgesetz erfolgt.
lit. b) Für jede Vorzugsstimme erhält der Wahlwerber 32 Vorzugspunkte.
lit. c) Die Zahl der Wahlpunkte ist durch Zusammenzählen der Listenpunkte und der Vorzugspunkte zu ermitteln.

§ 5 Jeder Wahlberechtigte hat nur eine Stimme. Er kann Wahlwerbern jener Partei, die er wählt, bis zu fünf Vorzugsstimmen geben.

Konkrete Bedenken äußern etwa die Grünen Frauen in Vorarlberg: "Wir möchten zu bedenken geben, dass mit einer Vervierfachung des Wertes einer Vorzugsstimme das Landtagswahlrecht einen Weg Richtung „Amerikanisierung“ geht. Persönlichkeiten, die sehr bekannt sind, denen hohe Durchsetzungsfähigkeit zugeschrieben wird, weil sie vielleicht unternehmerisch erfolgreich sind, Persönlichkeiten, die große Lobbyinggruppen hinter sich haben, RegionalkandidatInnen, Personen, die über viel Geld verfügen und sich einen entsprechenden Persönlichkeitswahlkampf finanzieren können, haben gegenüber Persönlichkeiten, die neu, jung, unbekannt sind, VertreterInnen von Minderheitengruppen, ohne Lobbying und ohne Geld, einen enormen Vorteil, der durch das geplante Wahlrecht maßgeblich verstärkt wird.

Wir geben zu bedenken, dass dieses Wahlrecht aufgrund der Demographie nicht zu einer Verjüngung des Landtags führen wird und fürchten, dass sich der Frauenanteil verringern wird. Die Gegenargumentation ist meist, dass Frauen ja die Hälfte der Bevölkerung darstellen und dass, diese Gefahr wohl nicht gegeben sei. Wir geben zu bedenken, dass Politik nach wie vor - unabhängig davon wie gut Frauen oder Männer Politik machen – Männern zugeschrieben wird, weil ihnen Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit, Machtbewusstsein, Strategiefähigkeit zugeschrieben wird."

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